Moral – Ethik – Kunst

12.5.2019

Die Moral ist allgegenwärtig, denn sie steht in einer Wechselwirkung, indem sie das gesellschaftliche Leben prägt, andererseits aber aus dem gesellschaftlichen Leben erst hervorgeht. Das erklärt auch, wieso sich die Moralvorstellungen beständig ändern.

Die Ethik hingegen entsteht nicht aus dem Verhältnis Mensch zu Mensch oder Mensch zu Gesellschaft, sondern entspricht dem Verhältnis Mensch zur Schöpfung. Sie kann zwar immer wieder neu formuliert werden, in den Grundzügen bleibt sie jedoch konstant, wie etwa die zehn Gebote. Obwohl diese nicht frei von Moralvorstellungen sind, überwiegt hier gleichwohl die ethische Komponente. Die zehn Gebote sind deshalb auch nicht Gesetz, sondern eben Gebot – dem Wortsinn nach das Angekündigte, Bekanntgemachte.

In demselben Spannungsbogen steht die Kunst. Sie, respektive der Künstler, hat sich zu entscheiden, ob er sich dem Richtigen (Moral) oder dem Wahren (Ethik) zuwenden will. Sobald ein Zweck oder ein Kalkül mit ins Spiel kommt, sind die Würfel jedoch gefallen: Dann geht es um eine Ideologie oder um die Moral – die »Kunst« wird dann schnell politisch und verliert ihren Anteil am Wahren.

Zu beobachten ist dies auch an der Biennale in Venedig, die soeben ihre Tore geöffnet hat. Schlagzeilen machte hier der Beitrag des Schweizer Künstlers Christoph Büchel, dessen Installation ebenso real wie plakativ jenes Flüchtlingsschiff zeigt, bei dessen Untergang 2015 rund 700 Menschen ums Leben kamen.




Politische Kunst ist ein Widerspruch in sich selbst. Entweder handelt es sich bei einem Bild oder einer Installation um ein Kunstwerk oder um eine politische Stellungnahme.

Veröffentlicht am 12.05.2019 9:00 Uhr.